Richtlinien über den Erwerb eines Fremdsprachenzertifikats an berufsbildenden Schulen

Aus Schulrecht Rheinland-Pfalz
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Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur vom 14. Dezember 2007 (945 D 51244-0)

1 Allgemeines

1.1 Berufsbildende Schulen können auf freiwilliger Basis, unabhängig von der Be- notung in den Zeugnissen an berufsbildenden Schulen, eine Prüfung anbieten, in der sich die Bewerberinnen und Bewerber ihre Fremdsprachenkenntnisse zertifizieren lassen können. Die Zertifizierung erfolgt auf der Grundlage des Beschlusses der Kultusministerkonferenz über die Zertifizierung von Fremdsprachenkenntnissen in der beruflichen Bildung vom 20. November 1998 in der jeweils geltenden Fassung.

1.2 Das Prüfungsniveau orientiert sich an den Stufen Waystage (Stufe I/A2), Threshold (Stufe II/B1) und Vantage (Stufe III/B2), die vom Europarat im „Europäischen Referenzrahmen für das Lehren und Lernen von Sprachen“ aufgeführt werden.

1.3 In jeder Stufe wird die Prüfung differenziert nach den Erfordernissen der fol- genden Berufsbereiche durchgeführt:

  • kaufmännisch-verwaltende Berufe,
  • gewerblich-technische Berufe,
  • gastgewerbliche Berufe und
  • sozialpflegerische und sozialpädagogische Berufe.

1.4 Innerhalb der Berufsbereiche können weitere Konkretisierungen bis zur Ebene einzelner Berufe vorgenommen werden. Das Zertifikat nach Nummer 5.2 ist entsprechend zu ergänzen.

2 Organisation und Koordinierung der Prüfung

2.1 Zur Durchführung der Fremdsprachenprüfung wird im Pädagogischen Zentrum eine Koordinierungsstelle eingerichtet.

2.2 Die Koordinierungsstelle hat die Aufgabe, die berufsbildenden Schulen zu beraten sowie die Zertifikatsprüfungen zu unterstützen und zu begleiten. Zu den Aufgaben gehört insbesondere:

  1. die Erstellung der Prüfungsaufgaben sowie die Festlegung der einheitlichen Korrekturvorgaben und der Hinweise für die Bewertung der Prüfung unter Mitwirkung der Fachlehrkräfte der Schulen,
  2. die Schulung der Lehrkräfte und
  3. der Aufbau und die Pflege eines Aufgabenpools.

2.3 Die Aufgaben für den schriftlichen und den mündlichen Teil der Prüfung werden im Auftrag des fachlich zuständigen Ministeriums von der Koordinierungsstelle erstellt. Die Koordinierungsstelle legt dem fachlich zuständigen Ministerium die Aufgabenvorschläge zur Genehmigung vor. Den Aufgaben werden Erwartungsbild und Hinweise für die Bewertung beigegeben.

2.4 Zur Qualitätssicherung der Vergleichbarkeit der Prüfungsergebnisse sind nach Abschluss des Prüfungsverfahrens je Schule und je Berufsbereich drei Prüfungsarbeiten mit unterschiedlichem Leistungsniveau an die Koordinierungsstelle zu senden.

3 Termine, Anmeldung und Zulassung zur Prüfung

3.1 Die Prüfungen finden einmal pro Schuljahr statt. Der Prüfungstermin wird vom fachlich zuständigen Ministerium festgesetzt und mindestens sechs Monate vor Durchführung der Prüfung bekannt gegeben.

3.2 Zur Fremdsprachenprüfung kann sich anmelden, wer eine berufsbildende Schule besucht und wenn der persönliche Bildungsweg erwarten lässt, dass die erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten den Anforderungen genügen, die an den Erwerb des Fremdsprachenzertifikats gestellt werden.

3.3 Die Bewerberinnen und Bewerber melden sich schriftlich bei der Schulleiterin oder dem Schulleiter an. Den Termin für die Anmeldung und das Anmeldeverfahren regelt die Schulleiterin oder der Schulleiter in eigener Verantwortung.

3.4 Die Schulen teilen der Koordinierungsstelle spätestens bis zum Beginn der Weihnachtsferien die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber mit Angabe der Fremdsprachen, der Berufsbereiche und der Niveaustufen mit.

3.5 Soweit in einzelnen Berufsbereichen und Niveaustufen in der Schule nur wenige Anmeldungen vorliegen, kann die Prüfung in Abstimmung mit der Koordinierungsstelle an einem anderen Schulstandort stattfinden.

4 Durchführung der Prüfung

4.1 Prüfungsausschuss

4.1.1 Dem Prüfungsausschuss gehören mindestens an:

  1. die Schulleiterin oder der Schulleiter als vorsitzendes Mitglied; sie oder er kann den Vorsitz auf ein anderes Mitglied der Schulleitung übertragen.
  2. eine Lehrkraft, die über Erfahrungen im berufsbezogenen Fremdsprachenunterricht verfügt und
  3. eine weitere fachkompetente Lehrkraft, welche die Vorsitzende oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses bestimmt, die gleichzeitig als Schriftführerin oder Schriftführer fungiert.

4.1.2 Eine Vertreterin oder ein Vertreter des fachlich zuständigen Ministeriums und der Koordinierungsstelle kann an den Sitzungen des Prüfungsausschusses teilnehmen. In begründeten Fällen kann eine dieser Personen den Vorsitz übernehmen. In diesem Fall nimmt sie oder er anstelle des vorsitzenden Mitglieds das Stimmrecht wahr.

4.1.3 Der Prüfungsausschuss ist für die schriftliche und mündliche Prüfung zuständig. Er kann auch schulübergreifend eingesetzt werden. Der Prüfungsausschuss legt ebenfalls fest, durch welche Maßnahmen rechtzeitig geltend gemachte und durch ärztliches Attest nachgewiesene behinderungsbedingte Benachteiligungen ausgeglichen werden sollen. Diese dürfen jedoch die Prüfungsanforderungen nicht qualitativ verändern. Als geeignete Maßnahme kommen eine besondere Organisation und eine besondere Gestaltung der Prüfung sowie die Zulassung spezieller Hilfen in Betracht.

4.1.4 Zur Durchführung der mündlichen Prüfung kann ein Unterausschuss gebildet werden. Ihm gehören die Lehrkräfte nach Nummer 4.1.1 an. Das vorsitzende Mitglied des Unterausschusses wird durch das vorsitzende Mitglied des Prüfungsausschusses bestimmt.

4.1.5 Der Prüfungsausschuss und die Unterausschüsse sind beschlussfähig, wenn das vorsitzende Mitglied und mindestens zwei weitere Mitglieder anwesend sind. Jedes Mitglied des Ausschusses hat eine Stimme. Der Ausschuss trifft seine Entscheidung mit Stimmenmehrheit der Anwesenden; Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des vorsitzenden Mitglieds.

4.1.6 Mitglieder des Prüfungsausschusses und der Unterausschüsse können bei Prüfungen von Angehörigen im Sinne des § 20 Abs. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht tätig werden.

4.2 Gliederung der Prüfung

Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Folgende Bereiche werden geprüft:

  1. Rezeption (Fähigkeit, gesprochene und/oder geschriebene fremdsprachliche Mitteilungen zu verstehen),
  2. Produktion (Fähigkeit, sich mündlich und schriftlich in der Fremdsprache zu äußern),
  3. Interaktion (Fähigkeit, Gespräche zu führen und zu korrespondieren) und
  4. Mediation (Fähigkeit, durch Übersetzung oder Umschreibung mündlich oder schriftlich zwischen Kommunikationspartner zu vermitteln).

4.3 Schriftliche und mündliche Prüfung

4.3.1 Die schriftliche und mündliche Prüfung finden in der Regel am selben Prüfungstag statt.

4.3.2Für den schriftlichen Teil der Prüfung gelten folgende Bearbeitungszeiten:

Stufe I 60 Minuten,
Stufe II 90 Minuten,
Stufe III 120 Minuten.

Können die Prüflinge zwischen zwei verschiedenen Themen wählen, ist die Bearbeitungszeit bis zu 15 Minuten zu verlängern.

4.3.3 Die schriftliche Prüfung findet unter Aufsicht von mindestens einer Lehrkraft der Schule statt, die von der Schulleiterin oder vom Schulleiter bestimmt wird. Während der Anfertigung der Arbeit darf jeweils nur ein Prüfling den Raum verlassen.

4.3.4 Für die mündliche Prüfung gelten folgende Zeiten:

Stufe I 10 Minuten je Prüfling,
Stufe II 15 Minuten je Prüfling,
Stufe III 20 Minuten je Prüfling.

Für die Prüfung, die auch als Gruppenprüfung möglich ist, kann eine angemessene Zeit für die Vorbereitung gegeben werden. Über den Verlauf der Prüfung ist eine Niederschrift anzufertigen.

4.4 Bewertung der Leistungen der schriftlichen und mündlichen Prüfung

4.4.1 Die Leistungen in der schriftlichen Prüfung werden vom fachlich zuständigen Mitglied des Prüfungsausschusses auf der Grundlage der einheitlichen Korrekturvorgaben bewertet.

4.4.2 Bei der Festsetzung der Note der schriftlichen Prüfung werden die Aufgabenanteile für die drei Kompetenzbereiche wie folgt gewichtet:

  • Rezeption 40 v. H.
  • Produktion 30 v. H.
  • Mediation 30 v. H.

Eine Abweichung von jeweils bis zu 10 Prozent-Punkten ist möglich.

4.4.3 Die in der schriftlichen Prüfung erbrachten Leistungen werden mit bis zu 100 Punkten und in der mündlichen Prüfung mit bis zu 30 Punkten bewertet. In der schriftlichen Prüfung werden vorwiegend die Kompetenzbereiche Rezeption, Produktion und Mediation abgefragt, während sich die mündliche Prüfung auf den Kompetenzbereich Interaktion konzentriert.

5 Ergebnis der Prüfung, Zertifikat

5.1 Die Prüfung ist bestanden, wenn der schriftliche und mündliche Prüfungsteil bestanden sind; ein Ausgleich ist nicht möglich. Die schriftliche und mündliche Prüfung sind bestanden, wenn jeweils mindestens die Hälfte der ausgewiesenen Punktzahl erreicht wird.

5.2 Wer die Prüfung bestanden hat, erhält ein Zertifikat mit den in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten verpflichtenden Angaben. Die in den Teilen der schriftlichen und der mündlichen Prüfung jeweils erreichbare Punktzahl ist im Zertifikat anzugeben. Das Zertifikat ist vom vorsitzenden Mitglied des Prüfungsausschusses, von der Schulleiterin oder dem Schulleiter zu unterzeichnen und mit dem Landessiegel zu versehen.

6 Wiederholung der Prüfung

6.1 Wer die Fremdsprachenprüfung nicht bestanden hat, kann sie einmal wieder- holen. Eine bestandene Prüfung kann nicht wiederholt werden.

6.2 Die Wiederholung findet im Rahmen der nächstfolgenden Prüfung statt. Über Ausnahmen entscheidet das fachlich zuständige Ministerium.

7 Täuschung und Behinderung

7.1 Versucht ein Prüfling, das Ergebnis der Prüfung durch Täuschung zu beeinflussen, so ist die gesamte Prüfung für nicht bestanden zu erklären. In leichteren Fällen kann die betroffene Prüfungsleistung im Anschluss an die reguläre Prüfung wiederholt werden.

7.2 Behindert ein Prüfling durch sein Verhalten die Prüfung so schwerwiegend, dass es nicht möglich ist, seine Prüfung oder die anderer Prüflinge ordnungsgemäß durchzuführen, so kann er vorläufig von der aufsichtsführenden Lehrkraft von der weiteren Teilnahme an der Prüfung ausgeschlossen werden. Die endgültige Entscheidung über den Ausschluss trifft das vorsitzende Mitglied des Prüfungsausschusses. Wird der vorläufige Ausschluss bestätigt, ist die Prüfung damit für nicht bestanden erklärt. Wird der vorläufige Ausschluss nicht bestätigt, so nimmt der Prüfling weiterhin an der regulären Prüfung teil und erhält für die unterbrochene Prüfungszeit eine entsprechende Verlängerung.

8 Versäumnis

Versäumt ein Prüfling einen Prüfungstermin, so wird er aus dem laufenden Prüfungsverfahren ausgeschlossen.

9 [Inkrafttreten]

Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in Kraft.

Mainz, 14. Dezember 2007