Mehrarbeit im Schuldienst vom 25. Mai 2018

Aus Schulrecht Rheinland-Pfalz
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Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung vom 25. Mai 2018 (9215 Tgb.Nr. 6172/18)

1 Allgemeines

1.1 Geltungsbereich

1.1.1 Diese Verwaltungsvorschrift gilt gemäß §§ 73 Abs. 2, 74 Abs. 1 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes (LBG) vom 30. Oktober 2010 (GVBl. S. 319, BS 2030-1) und § 53 des Landesbesoldungsgesetzes (LBesG) vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157, BS 2032-1) in Verbindung mit der Landesmehrarbeitsvergütungsverordnung (LMVergVO) vom 3. Juli 2012 (GVBl. S. 221, BS 2032-1-2) in der jeweils geltenden Fassung für beamtete Lehrkräfte, die Dienstbezüge in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern beziehen. Auf Lehrkräfte im Beschäftigtenverhältnis des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) findet sie gem. § 44 Nr. 2 TV-L entsprechende Anwendung, soweit keine abweichenden Regelungen bestehen (Nummer 5).

1.1.2 Die Verwaltungsvorschrift gilt nicht für Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter im Vorbereitungsdienst und nebenamtlich oder nebenberuflich beschäftigte Lehrkräfte.

1.2 Mehrarbeit darf nur angeordnet oder genehmigt werden, wenn zwingende dienstliche Belange dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle erstreckt. Mehrarbeit ist grundsätzlich vorrangig für die Abdeckung des Unterrichts in den Pflicht- oder Wahlpflichtfächern anzuordnen oder zu genehmigen.

1.3 Der Begriff der Mehrarbeit definiert sich nach den nachfolgenden Regelungen:

1.3.1 Mehrarbeit im Schuldienst liegt vor, wenn über die persönliche Unterrichtsverpflichtung (§ 2 Abs. 1 Lehrkräfte-Arbeitszeitverordnung – LehrArbZVO –) hinaus Unterricht erteilt wird.

1.3.2 Sonstige mit der Lehrtätigkeit zusammenhängende Tätigkeiten (z. B. Hof- oder Pausenaufsicht führen, Teilnahme an Konferenzen und Dienstbesprechungen, Vorbereitung des neuen Schuljahres, Leitung von Schulfahrten bzw. Klassenfahrten) stellen keine Mehrarbeit dar. Ansprüche teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte, die sich aus anderen Rechtsgrundlagen ergeben, bleiben unberührt.

1.3.3 Der Unterrichtsstundenausgleich (§ 4 LehrArbZVO) sowie der Zeitaufwand für besondere schulische Aufgaben (§ 5 Abs. 3 LehrArbZVO) stellen keine Mehrarbeit dar.

1.3.4 Nebenamtlicher und nebenberuflicher Unterricht stellt keine Mehrarbeit dar.

1.4 Mehrarbeit wird nach Maßgabe der folgenden Regelungen angeordnet oder genehmigt:

1.4.1 Mehrarbeit muss durch die Schulleiterin oder den Schulleiter schriftlich angeordnet oder genehmigt werden. In der Schule ist zu dokumentieren, für welches Unterrichtsfach, welche Klasse, Lerngruppe oder Kurs und welche Stunde die Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt wird.

1.4.2 Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit für den Zeitraum eines Schulhalbjahres in einem im Voraus nach Wochenstunden festzulegenden Umfang darf nur mit dem Einverständnis der Lehrkraft erfolgen und vier Wochenstunden für die einzelne Lehrkraft nicht überschreiten.

1.4.3 Erweist es sich als unumgänglich, Mehrarbeit von einzelnen Unterrichtsstunden anzuordnen oder zu genehmigen, so ist diese Mehrarbeit nach Möglichkeit derart gleichmäßig auf die Lehrkräfte der Schule zu verteilen, dass die Mehrarbeit für die einzelne Lehrkraft den Schwellenwert (Nummer 2.2) im Kalendermonat nicht übersteigt. Die Belange teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte sind zu beachten. Bei Lehrkräften, die bereits Mehrarbeit nach Nummer 1.4.2 leisten, soll die Anordnung oder Genehmigung zusätzlicher Mehrarbeit von einzelnen Unterrichtsstunden vermieden werden.

1.4.4 Erteilt eine Lehrkraft zugleich nebenamtlichen oder nebenberuflichen Unterricht, darf durch die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit eine Gesamtmenge an zusätzlicher Arbeitsleistung von insgesamt sechs Wochenstunden für die einzelne Lehrkraft grundsätzlich nicht überschritten werden.

1.4.5 Eine Lehrerin darf während ihrer Schwangerschaft oder solange sie stillt nicht zur Mehrarbeit herangezogen werden.

1.4.6 Bei Lehrkräften, deren Unterrichtsverpflichtung aus persönlichen Gründen (Schwerbehindertenermäßigung, Altersermäßigung, vorübergehend verminderte Dienstfähigkeit oder begrenzte Dienstfähigkeit) herabgesetzt wurde, ist die Anordnung und Genehmigung von Mehrarbeit bis zum Schwellenwert (Nummer 2.2) nur mit dem Einverständnis der Lehrkraft zulässig; darüber hinausgehende Mehrarbeit ist nicht zulässig.

1.4.7 Bei Lehrkräften, denen keine der in Nummer 1.4.6 genannten Ermäßigungen gewährt wird, ist eine Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit ab Beginn des Schuljahres, in welchem sie das 55. Lebensjahr vollenden, grundsätzlich nur bis zum Schwellenwert (Nummer 2.2) und nur mit ihrem Einverständnis möglich. In besonders begründeten Ausnahmefällen, namentlich aus Gründen bereits bestehender Belastungen anderer Lehrkräfte, ist mit Einverständnis der Lehrkraft eine Heranziehung zu Mehrarbeit über dem Schwellenwert möglich. In diesem Fall ist die Möglichkeit zum Ausgleich durch Dienstbefreiung im Rahmen der schuli- schen Gegebenheiten vorrangig einzuräumen.

1.4.8 Gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 6 Landespersonalvertretungsgesetz (LPersVG) bedarf die Anordnung von vorhersehbarer Mehrarbeit der Zustimmung des örtlichen Personalrates. Vorhersehbar ist Mehrarbeit, wenn zwischen der Erkenntnis, dass Mehrarbeit notwendig wird, und ihrer Anordnung genug Zeit verbleibt, um innerhalb der Mindestfrist gem. § 74 Abs. 2 Satz 5 LPersVG (sechs Werktage) das Mitbestimmungsverfahren durchzuführen.

2 Ausgleich von Mehrarbeit durch Dienstbefreiung

2.1 Mehrarbeit ist grundsätzlich durch Dienstbefreiung auszugleichen, sofern ein Schwellenwert überschritten wird.

2.2 Der Schwellenwert beträgt nach § 73 Abs. 2 Satz 2 LBG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 und § 6 Abs. 2 Nr. 1 LMVergVO für eine Vollzeitkraft im Kalendermonat drei Unterrichtsstunden. Bei Teilzeitbeschäftigten wird der Schwellenwert prozentual zum Beschäftigungsumfang ermittelt.

2.3 Zur Ermittlung, ob der Schwellenwert überschritten wurde, werden Mehrarbeits- und Ausgleichsstunden im selben Kalendermonat gegenüber gestellt (Saldierung). Mehrarbeitsstunden aus mehreren Kalendermonaten dürfen bei der Saldierung nicht zusammengerechnet werden. Mehrarbeit innerhalb einer Kalenderwoche, wenn diese zum Teil auf den laufenden und zum Teil auf den folgenden Kalendermonat fällt, ist nach § 3 Abs. 3 LMVergVO Letzterem zuzurechnen. Die Lehrkraft erhält auf Nachfrage Einsicht in die Dokumentation der Mehrarbeitsstunden und des Ausgleichs nach Nummer 2.1.

2.4 Überschreitet die Mehrarbeit im Kalendermonat den Schwellenwert, ist innerhalb eines Jahres für die gesamte in demselben Monat geleistete Mehrarbeit (ab der ersten Stunde) Dienstbefreiung zu gewähren. Die Jahresfrist beginnt mit dem Ersten des Kalendermonats, der auf die Mehrarbeitsleistung folgt. Soweit die Gewährung von Dienstbefreiung aus zwin- genden Gründen nicht möglich ist, kann stattdessen nach Maßgabe der besoldungsrechtlichen Vorschriften eine Vergütung gezahlt werden. Auch nach Ablauf der Jahresfrist bleibt eine Dienstbefreiung möglich. Bei der Stundenplangestaltung soll darauf geachtet werden, dass die im zurückliegenden Zeitraum geleistete Mehrarbeit durch Dienstbefreiung ausgeglichen wird.

2.5 Dienstbefreiungen, auf deren Gewährung die Lehrkraft einen Rechtsanspruch hat (z. B. Sonderurlaub), stellen keinen Ausgleich durch Dienstbefreiung im Sinne dieser Vorschrift dar.

2.6 Freistunden, für die kein Rechtsanspruch auf Dienstbefreiung besteht (z. B. Freistunden, die eintreten, weil eine Lehrkraft an der Studienreise ihrer Klasse nicht teilnimmt oder Freistunden infolge von vorzeitigen Entlassungen von Abschlussklassen mit Ausnahme von Abiturkursen), stellen auch dann Ausgleich durch Dienstbefreiung im Sinne dieser Vorschrift dar, wenn sie allen Lehrkräften einer Schule gleichermaßen zukommen. Dies gilt jedoch nicht, wenn während der Freistunden auf Anordnung der Schulleiterin oder des Schulleiters dienstliche Aufgaben (z. B. Beaufsichtigung einer Klasse oder Teilnahme an einer Konferenz, einer Dienstbesprechung oder einer Schulveranstaltung) oder Aufgaben im dienstlichen Interesse (z. B. Tätigkeiten in Prüfungsausschüssen zur Abnahme von Berufsabschlussprüfungen) wahrgenommen werden; die wahrgenommene Tätigkeit ist zu dokumentieren.

3 Vergütung von Mehrarbeit

3.1 Angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit ist vergütungsfähig, wenn aus zwingenden Gründen innerhalb eines Jahres kein Ausgleich durch Dienstbefreiung möglich ist (§ 3 Abs. 1 LMVergVO).

3.2 Überschreitet die Mehrarbeit im Kalendermonat den Schwellenwert (Nummer 2.2) ist unter den Bedingungen der Nummer 3.1 die gesamte in demselben Monat geleistete Mehrarbeit (ab der ersten Stunde) zu vergüten.

3.3 War ein Ausgleich durch Dienstbefreiung nur teilweise möglich, werden die restlichen, noch auszugleichenden Mehrarbeitsstunden auch dann vergütet, wenn sie den Schwellenwert nicht übersteigen.

3.4 Eine Vergütung kann für höchstens 288 Unterrichtsstunden im Kalenderjahr gewährt werden (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 LMVergVO).

3.5 Ausnahmsweise ist eine Vergütungsfähigkeit der angeordneten oder genehmigten Mehrarbeit auch schon vor Ablauf der Jahresfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMVergVO gegeben. Dies setzt jedoch voraus, dass die Schulleitung im Einzelfall unter Angabe der konkreten Umstände darlegt und dokumentiert, warum schon vor Ablauf der Jahresfrist feststeht, dass ein Ausgleich durch Dienstbefreiung binnen Jahresfrist prognostisch unmöglich sein wird. Hierbei ist wegen der Priorität des Ausgleichs durch Dienstbefreiung nach § 73 Abs. 2 Satz 2 LBG ein strenger Maßstab anzusetzen. Erfolgt eine Zahlung der Mehrarbeitsvergütung vor Ablauf der Jahresfrist, steht die Leistung unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass sich der Ausgleich durch Dienstbefreiung wider Erwarten doch noch ermöglichen lässt. Der Vorbehalt wird gegenüber der Lehrkraft durch die Schulleitung schriftlich ausgesprochen.

4 Höhe der Vergütung

4.1 Die Höhe der Vergütung für Mehrarbeitsstunden richtet sich nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften (§ 4 Abs. 3 LMVergVO).

4.2 Die Vergütung erfolgt für teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte im Beamtenverhältnis bis zum Erreichen des schulartspezifischen Regelstundenmaßes von Vollzeitbeschäftigten nach § 5 LMVergVO (Vergütung in Höhe des auf eine Stunde entfallenden Anteils der Besoldung entsprechender Vollzeitbeschäftigter). Mehrarbeit, die über das schulartspezifische Regelstundenmaß von Vollzeitbeschäftigten hinausgeht, wird nach § 4 Abs. 3 LMVergVO mit dem Mehrarbeitsvergütungssatz vergütet.

5 Besonderheiten bei tarifbeschäftigten Lehrkräften

5.1 Für Lehrkräfte im Beschäftigtenverhältnis des TV-L gelten gemäß § 44 Nr. 2 TV-L die oben genannten Bestimmungen mit den nachfolgenden Maßgaben.

5.2 Für befristet beschäftigte Lehrkräfte darf keine Mehrarbeit im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift angeordnet oder genehmigt werden.

5.3 Für teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte im unbefristeten Beschäftigtenverhältnis des TV-L darf keine Mehrarbeit nach Nummer 1.4.2 angeordnet oder genehmigt werden.

5.4 Mehrarbeit von teilzeitbeschäftigten Lehrkräften im Beschäftigtenverhältnis des TV-L ist ab der ersten Stunde durch Dienstbefreiung oder unter den Bedingungen der Nummer 3.1 durch Vergütung auszugleichen, auch ohne dass der Schwellenwert überschritten wird. Sofern die Mehrarbeit vergütet wird, erhält die Lehrkraft bis zum Erreichen des Regelstundenmaßes von entsprechenden Vollzeitbeschäftigten ein anteiliges Entgelt gemäß § 24 Abs. 2 bis 4 TV-L.

5.5 Sofern durch die Mehrarbeit das für die Lehrkraft bei Vollzeitbeschäftigung geltende Regelstundenmaß überschritten wird, erfolgt der Ausgleich für die übersteigenden Stunden nach den für die vollbeschäftigten Lehrkräfte geltenden Regelungen, also erst nach Überschreiten des Schwellenwerts nach Nummer 2.2. Die Vergütung für die übersteigenden Stunden erfolgt gemäß § 44 Nr. 2 TV-L entsprechend der für die beamteten Lehrkräfte geltenden Regelungen (§ 4 Abs. 3 LMVergVO).

6 Verfahren

6.1 Die Schulleiterin oder der Schulleiter meldet beim zuständigen Fachreferat der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) die jeweils erforderlichen und geplanten Mehrarbeitsstunden nach Nummer 1.4.2. Soweit seitens der ADD keine Bedenken bestehen, vermerkt die Schulleiterin oder der Schulleiter die genehmigte Mehrarbeit listenmäßig nach Zeitraum (Schulhalbjahr) und Zahl der Wochenstunden und legt die zu erteilenden Mehrarbeitsstunden im Voraus stundenplanmäßig für jede Lehrkraft fest.

6.2 Für jede Lehrkraft ist für jeden Kalendermonat gesondert zu dokumentieren, ob Mehrarbeitsstunden über den Schwellenwert hinaus geleistet wurden und inwieweit diese durch Dienstbefreiung ausgeglichen wurden. Die ermittelten ausgleichsfähigen Stunden sind nach Mona- ten getrennt zu erfassen. Sofern zu einem späteren Zeitpunkt Dienstbefreiung möglich wird, sind zunächst die kalendermäßig zuerst erbrachten Stunden auszugleichen.

6.3 Für vergütungsfähige Mehrarbeitsstunden legt die Lehrkraft den Antrag auf Festsetzung und Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung (Vordruck Mehrarbeitsvergütung im Schulbereich) in zweifacher Ausfertigung vor. Die Schulleiterin oder der Schulleiter leitet den Abrechnungsan- trag nach Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit an das zuständige Fachreferat der ADD weiter. Die Zweitausfertigung verbleibt in der Schule.

6.4 Das zuständige Fachreferat der ADD vermerkt zum Zwecke der Haushaltsüberwachung die Zahl der zu vergütenden Mehrarbeitsstunden, versieht den Antrag mit einem Sichtvermerk und leitet ihn unverzüglich an Referat 31 der ADD weiter.

6.5 Formblätter für den Antrag auf Zahlung von Mehrarbeitsvergütung können auf der Homepage der ADD bezogen werden.

6.6 Für Mehrarbeit, die im Rahmen des Personalmanagements im Rahmen Erweiterter Selbstständigkeit von Schulen (PES) abgeleistet wird, erfolgt die Veranlassung der Vergütung der Mehrarbeitsstunden im Rahmen des Budgets über das PES-Portal.

7 Schlussbestimmungen und Inkrafttreten

7.1 Mehrarbeit, die von staatlich zugewiesenen Lehrkräften an Schulen in freier Trägerschaft geleistet wird, ist zwischen dem privaten Schulträger und der Lehrkraft zu vereinbaren und von dem Schulträger nach den Vergütungssätzen gemäß Nummer 4 zu vergüten.

7.2 Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. August 2018 in Kraft.