Besserer Schutz vor sexuellem Missbrauch in der Schule vom 13. Februar 2013
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Landtag hat das beigefügte Gesetz am 31. Januar 2013 verabschiedet. Es wird in den nächsten Tagen im Gesetz-und Verordnungsblatt veröffentlicht und tritt sofort in Kraft.
Da dieses Gesetz einen ganz besonders sensiblen Bereich betrifft, ist es mir ein besonderes Anliegen, Sie aus erster Hand über die Regelungen zum besseren Schutz vor sexuellem Missbrauch und die Hintergründe zu informieren.
Der Freispruch eines Lehrers vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen durch das Oberlandesgericht Koblenz (Beschluss vom 29.12.2011, Aktenzeichen 1 Ss 213/11) hat letztes Jahr für große Aufmerksamkeit gesorgt. Das nach § 174 Strafgesetzbuch geforderte Obhutsverhältnis hat nach Auffassung des Gerichts zwischen dem Lehrer und der betroffenen Schülerin nicht vorgelegen, weil er weder ihr Fach- noch Klassenlehrer war, sondern nur dreimal Vertretungsunterricht gegeben habe. Die auf meine Initiative mit der Thematik befasste Kultusministerkonferenz hat in der 337. Plenarsitzung am 8./9. März 2012 unter anderem auf ausdrücklichen Antrag von Rheinland-Pfalz empfohlen, dass die Länder ihre schulrechtlichen Bestimmungen dahingehend überprüfen, ob Konkretisierungen oder Klarstellungen den Anforderungen an einen umfassenden Schutz von Schülerinnen und Schülern vor sexuellem Missbrauch durch Lehrkräfte besser gerecht werden. Dabei wurde nicht verkannt, dass Änderungen der Landesschulgesetze selbst dann, wenn sie das Vorliegen eines „schulrechtlichen“ Obhutsverhältnisses normieren, keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Auslegung des Strafgesetzbuches haben.
Auch wenn dienstrechtlich kein Zweifel bestand, dass sexuelle Handlungen zwischen Lehrkräften und Schülerinnen oder Schülern – unabhängig von der Verletzung eines Straftatbestandes – den Kernbereich der dienstlichen Pflichten gravierend verletzen und mindestens bei Minderjährigkeit der Schülerinnen und Schüler in der Regel zur Entfernung aus dem Dienst führen, wird nun durch ausdrückliche Klarstellungen im Schulgesetz dafür Sorge getragen, dass dieses Verbot präventiv in das Bewusstsein aller an Schule Beteiligten dringt.
§ 25 Abs. 3 Schulgesetz verpflichtet Lehrkräfte zu einem verantwortungsvollen und vertrauensvollem Umgang mit Nähe und Distanz. Es wird ausdrücklich festgestellt, dass sexuelle Kontakte zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern mit dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag nicht vereinbar und daher unzulässig sind. Dies gilt auch für das sonstige Personal in der Schule.
Das Schulverhältnis wird in § 2 Abs. 5 Schulgesetz als besonderes Obhutsverhältnis zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern bezeichnet, das geprägt ist von gegenseitigem Vertrauen, Achtung, Respekt und verantwortungsvollem Umgang mit Nähe und Distanz. Hierdurch wird zweifelsfrei verdeutlicht, dass im Rahmen dieses Schulverhältnisses alle Lehrkräfte einer Schule Verantwortung für alle Schülerinnen und Schüler der Schule tragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
an dieser Stelle möchte ich mich herzlich dafür bedanken, dass Sie schon in der Vergangenheit das Schulverhältnis so gelebt haben, wie das Schulgesetz es jetzt vorsieht. Ich hoffe, die Schulgesetzänderung unterstützt Sie bei den weiteren Bemühungen, die uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler nicht nur vor sexuellem Miss- brauch, sondern vor jeder Beeinträchtigung des Kindeswohls zu schützen. Wir brauchen in den Schulen eine Kultur des Hinschauens, des Wahrnehmens und des Agierens. Danke für Ihr Engagement.
Mit freundlichen Grüßen Doris Ahnen
[ Die in der Anlage aufgeführten Änderungen des Schulgesetzes wurden in das Gesamtdokument übernommen]
[ siehe auch: Ergänzende Hinweise vom 21. Februar 2013 ]